Die frühmittelalterliche Medizin basierte weitgehend auf den Lehren des antiken griechischen Arztes Galen, dessen Theorien jahrhundertelang das medizinische Denken dominierten. Die galenische Medizin basierte auf der Überzeugung, dass der menschliche Körper aus vier Säften besteht:Blut, Schleim, schwarze Galle und gelbe Galle. Es wurde angenommen, dass ein Überschuss oder Mangel an einem oder mehreren dieser Säfte zu Krankheiten führen könnte. Galenische Ärzte verwendeten eine Vielzahl von Behandlungen, um das Gleichgewicht des Körpersäften wiederherzustellen, darunter Aderlass, Entschlackung und pflanzliche Heilmittel.
Im 12. Jahrhundert begann an den Universitäten Europas eine neue Welle medizinischen Wissens aufzutauchen. Diese Universitäten waren Zentren des Lernens und spielten eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung neuer medizinischer Ideen und Praktiken. Eine der wichtigsten Persönlichkeiten in der Entwicklung der mittelalterlichen Medizin war der arabische Arzt Ibn Sina (im Westen als Avicenna bekannt). Ibn Sinas Werk „Der Kanon der Medizin“ wurde zu einem der wichtigsten medizinischen Texte des Mittelalters. Es wurde ins Lateinische übersetzt und diente jahrhundertelang als Lehrbuch an europäischen Universitäten.
Der Kanon der Medizin war ein umfassender Leitfaden für die medizinische Praxis und deckte alles von der Anatomie über die Chirurgie bis zur Pharmakologie ab. Es basierte auf den Lehren Galens, enthielt aber auch neue Ideen und Beobachtungen. Ibn Sina beschrieb beispielsweise die Blutzirkulation in der Lunge, was einen großen Durchbruch im medizinischen Wissen darstellte.
Zusätzlich zu ihrem medizinischen Wissen waren mittelalterliche Ärzte auch erfahrene Chirurgen. Sie führten eine Vielzahl von Operationen durch, darunter Amputationen, Kataraktoperationen und Kaiserschnitte. Sie entwickelten auch neue chirurgische Instrumente wie das Skalpell und die Pinzette.
Trotz der Fortschritte im medizinischen Wissen und in der medizinischen Praxis war das Mittelalter immer noch eine Zeit großer Krankheiten. Die durchschnittliche Lebenserwartung war niedrig und die Menschen wurden häufig von Seuchen und anderen Epidemien heimgesucht. Die Ärzte des Mittelalters widmeten sich jedoch ihren Patienten und trugen maßgeblich zur Entwicklung der modernen Medizin bei.
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