Die Gammaglobinketten in HbF haben eine höhere intrinsische Affinität zu Sauerstoff als die Betaglobinketten in HbA. Dieser Unterschied wird auf mehrere strukturelle Unterschiede zwischen den Gamma- und Beta-Globinketten zurückgeführt. Ein Schlüsselfaktor ist das Vorhandensein einer bestimmten Aminosäure namens Serin an Position 143 in der Gammaglobinkette. Bei HbA ist diese Position durch Histidin besetzt. Der Serinrest in HbF ermöglicht die Bildung einer zusätzlichen Wasserstoffbindung mit Sauerstoff, was zur erhöhten Sauerstoffaffinität beiträgt.
Darüber hinaus weisen die Gamma-Globin-Ketten im Vergleich zu Beta-Globin-Ketten einen höheren Grad an Kooperativität auf. Unter Kooperativität versteht man das Phänomen, dass die Bindung von Sauerstoff an eine Untereinheit eines Hämoglobinmoleküls die Bindung von Sauerstoff an die anderen Untereinheiten erleichtert. Die höhere Kooperativität in HbF ermöglicht eine steilere Sauerstoffbindungskurve, was zu einem stärkeren Anstieg der Sauerstoffsättigung bei niedrigeren Sauerstoffkonzentrationen führt.
Die höhere Sauerstoffaffinität von HbF ist entscheidend für die Entwicklung des Fötus. Es stellt sicher, dass der Fötus effizient Sauerstoff aus dem mütterlichen Kreislauf extrahieren kann, wo die Sauerstoffspannung im Vergleich zu der Lunge des Erwachsenen niedriger ist. Dadurch kann der Fötus trotz der geringeren Sauerstoffkonzentration in der Gebärmutterumgebung ausreichend Sauerstoff für seinen Stoffwechselbedarf erhalten.
Nach der Geburt nimmt die Produktion von HbF allmählich ab und die Produktion von HbA steigt. Der Übergang von HbF zu HbA ist typischerweise innerhalb der ersten Lebensmonate abgeschlossen. Dieser Wechsel der Hämoglobintypen wird durch verschiedene Faktoren reguliert, darunter Veränderungen der Genexpression, des Sauerstoffgehalts und der Verfügbarkeit von Globinketten.
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